Hasenpest statt Lungenkrebs – Jäger nach turbulentem Diagnose-Marathon wieder gesund

Als er mit Schüttelfrost seinen Hausarzt aufsuchte, ahnte Bodo Maslo aus dem Kreis Coesfeld noch nicht, dass er knapp einen Monat später wegen einer Krebsdiagnose seine erste Chemotherapie erhalten sollte – doch dazu kam es nicht, denn statt eines Lungenkarzinoms hatte der Jäger Tularämie (auch bekannt als Hasenpest). Am UKM hatte der Spuk nach der gesicherten Diagnose dieser äußerst seltenen, aber mitunter tödlich verlaufenden Krankheit aber zum Glück schnell ein Ende.

Münster (ukm/lwi). Wenn seine Erkrankung irgendetwas Gutes für Bodo Maslo bewirkt haben sollte, dann, dass er das Rauchen aufgegeben hat. Ende Oktober 2024 machte sich der 52-Jährige mit grippeähnlichen Symptomen auf den Weg zu seinem Hausarzt. Ein Krankenhausaufenthalt mit Antibiotika-Therapie folgte, brachte aber nur eine kurzzeitige Besserung. Im November bat Maslo daher einen befreundeten Arzt um eine Zweitmeinung. Dieser beauftragte ein CT-Bild des Thorax, das eine deutliche Raumforderung im rechten Lungenflügel zeigte – der Verdacht auf ein Lungenkarzinom stand im Raum. „Zu der Zeit fühlte ich mich eigentlich ganz gut, aber mit diesem Verdacht wurde es plötzlich sehr unangenehm“, erinnert sich Maslo, der bereits enge Familienmitglieder an Krebs verloren hatte. Eine Bronchoskopie mit Biopsie sollte eine eindeutige Erklärung liefern, doch die blieb aus, da das entnommen Gewebe bereits abgestorben war und keine genaue Diagnose zuließ. Das für Raucher typische kleinzellige Lungenkarzinom schien aufgrund der Gewebeprobe die wahrscheinlichste Ursache zu sein, konnte aber nicht mit ausreichender Sicherheit bestätigt werden. Ende November sollte Maslo seine erste Chemotherapie erhalten, doch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte starteten diese aufgrund der Unsicherheit nicht. Als daraufhin auch eine zweite Biopsie keine Erklärung liefern konnte, wurde Maslo auf Rat eines Jagdkollegen im UKM vorstellig.

„Dank einer Kryobiopsie konnten wir hier auch ohne Operation eine größere Menge des Gewebes gewinnen“, erinnert sich Privatdozent Dr. Michael Mohr, Leiter der Sektion Pneumologie an der Medizinischen Klinik A des UKM. „Im Ergebnis konnte unsere Pathologie lebendiges Gewebe untersuchen, fand dort allerdings keine Tumorzellen, also keinen Krebs. Das war schon überraschend. Gleichzeitig ist aber auch die stattdessen gestellte Diagnose einer epitheloidzellige granulomatöse Entzündung (Anmerk. d. Red.: knötchenförmige Gewebebildung) keine Seltenheit. Die Frage nun war lediglich: Woher kommt diese Reaktion?“

Um das herauszufinden, wurde Maslo Blut entnommen, das innerhalb des UKM in der Mikrobiologie und Virologie sowie für einige Untersuchungen im Robert Koch-Institut in Berlin anhand von Leitlinien-Empfehlungen auf verschiedene Krankheitserreger wie zum Beispiel Tuberkulose und Toxoplasmose, aber auch Tularämie untersucht wurde. Dort konnten Antikörper gegen die häufig auch als Hasenpest bezeichnete bakterielle Infektion nachgewiesen werden. Dieser indirekte Nachweis wurde dann noch per PCR-Test aus dem entnommenen Gewebe bestätigt. „Das ist ein echter Kolibri“, sagt Mohr. „Die Diagnose Tularämie ist sehr selten und auch für einen Hausarzt daher nicht erwartbar. Aus meiner Berufszeit sind mir seit 1997 nur zwei weitere Fälle bekannt.“ Zwar sei die Erkrankung häufig selbstlimitierend, könne in etwa 30 Prozent aller Fälle aber auch einen tödlichen Verlauf nehmen, weiß Mohr. „Im Fall von Herrn Maslo gehen wir davon aus, dass sein Immunsystem den Erreger selbst schon relativ gut in den Griff bekommen hatte. Eine Chemotherapie, bei der ja das Immunsystem supprimiert wird, hätte in diesem Fall leicht zu einer Verschlechterung führen können, insofern ist es gut, dass die üblichen Kontrollmechanismen hier scheinbar gut gegriffen haben“, sagt Mohr. Maslo bekam ein passendes Antibiotikum, das er oral zuhause einnehmen konnte, und innerhalb kürzester Zeit zeigte sich ein Rückgang der Entzündung um über 90 Prozent.

Medizinisch ist der Fall damit geklärt, für Maslo bleibt allerdings unklar, wo er überhaupt mit dem Erreger in Kontakt gekommen ist. Der Jäger vermutet, dass er sich an einem Tag infizierte, an dem er keine Jagd betrieb, sondern verendete Hasen ohne Handschuhe und Mundschutz von einem Feld getragen hat.

„Letztlich musste ich das alles erst einmal verarbeiten und bin jetzt einfach nur dankbar für die gute Behandlung. Ich hoffe, dass durch diesen Fall künftig mehr Menschen aus Medizin und Jagd für das Thema sensibilisiert werden.“

Neben dem Rauchstopp hätte Maslos Odyssee damit sogar noch einen weiteren positiven Effekt.

Foto (UKM): Jäger Bodo Maslo (l.) und Privatdozent Dr. Michael Mohr, Leiter der Sektion Pneumologie an der Medizinischen Klinik A des UKM.